17.09.2019 - Polizei

Zwischenbericht zur Studie über Polizeigewalt


Mit dem Forschungsprojekt Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte (KviAPol) wurde erstmals in Deutschland systematisch rechtswidrige polizeiliche Gewaltanwendung aus der Perspektive der Opfer durchgeführt (Faszination Fankurve berichtete).

Nun haben die Forscherinnen und Forscher des Lehrstuhls für Kriminologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) von Prof. Dr. Tobias Singelnstein einen Zwischenbericht der Studie veröffentlicht, für den 3.300 Berichte von Betroffenen ausgewertet wurden. Der Zwischenbericht zeigt, dass in 86 Prozent der berichteten Vorfälle kein Strafverfahren gegen die Polizisten durchgeführt wurde, die Fälle also nicht in die Statistik eingingen. Über 70 Prozent der Befragten berichten von körperlichen Verletzungen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es in Deutschland etwa 12.000 Fälle von Polizeigewalt pro Jahr geben soll, die öffentlich nicht bekannt werden. „Wie stets bei Viktimisierungsbefragungen wurden in der Studie Erfahrungen und Einschätzungen der Befragten erhoben. Die Daten geben somit deren Perspektive auf die erlebte Gewaltanwendung wieder. Die Stichprobe ist aufgrund der gewählten Rekrutierungsstrategie nicht repräsentativ. Den zweiten Teil der Studie, die noch bis zum Jahr 2020 läuft, bilden 60 Interviews mit Expertinnen und Experten aus Polizei, Justiz und Zivilgesellschaft“, teilten die Forscherinnen und Forscher zum weiteren Vorgehen der Studie mit.

Laut des Zwischenberichts waren 25 Prozent der Teilnehmerinnen der Studie Fußballfans, die im Zusammenhang mit Fußballspielen mit der Polizei in Kontakt kamen. Zum Thema Polizeigewalt beim Fußball heißt es im Zwischenbericht der Studie: „Gewalteinsätze fanden am häufigsten nach (60 %) und/oder vor dem Spiel (44 %) statt. Nur in 22 % der Fälle fanden polizeiliche Gewaltanwendungen (auch) während des Spiels statt.25 Die meisten Personen (40 %) gaben an, dass für sie nicht ersichtlich gewesen sei, warum es zur Auseinandersetzung mit der Polizei kam. Jede*r Vierte (25 %) berichtete, dass die Polizei gegen andere Personen vorgegangen und er*sie in diesen Konflikt hineingeraten sei. 10 % der Betroffenen gaben an, dass ihnen seitens der Polizei Fehlverhalten (zum Beispiel Pyrotechnik, Randalieren oder ähnliches) vorgeworfen wurde; in 10 % der Fälle schritt die Polizei ein, als es Konflikte zwischen den Betroffenen und Dritten (zum Beispiel gegnerischen Fans) gab und weitere 9 % gaben an, sich bei der Polizei über eine Maßnahme oder Anordnung beschwert zu haben. Unter den sonstigen Gründen (6 %) befinden sich Schilderungen über Einsätze in Fanblöcken, häufig auch über Auseinandersetzungen aufgrund von Absperrungen oder Probleme bei der An- und Abreise (vgl. Tabelle 2). Der überwiegende Teil der Befragten in diesem Teilsample (78 %) gab an, sich der aktiven Fanszene zugehörig zu fühlen.“ (Faszination Fankurve, 17.09.2019)

Hier geht es zum Zwischenbericht der Studie.






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